Jeden Sonntag veröffentlichen Anke Becker, Lucas Snowhite und Christina Marie Huhn eine neue Aufgabe für ihre #Protastik-Challenge. Am darauffolgenden Donnerstag werden dann die Geschichten dazu gepostet.
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Das angenehme Gefühl als der Schlick sich durch sein Fell bis auf die Haut drängte, ließ Raik erschaudern. Er wälzte sich in der Schlammpfütze, bis er vollständig eingedeckt war. Nahezu sofort merkte er, wie sich seine Haut besser anfühlte.
Gut, eigentlich war er nicht dafür hergekommen, aber er hatte nicht widerstehen können. Langsam wandelte er sich zurück in seine humanoide Gestalt und füllte die Mitgebrachte Flasche mit dem nährstoffreichen Schlamm. Wenn es wieder anfangen würde zu regnen und dieses kleine Nebenbecken seines Waldsees wieder auffüllte kam er nicht mehr gut an den Boden heran.
Auch, wenn sein Rudel sehr naturnah lebte, war dann doch genug menschliche Eitelkeit vorhanden, sodass sie sich weigerten ihr Fell in ein wenig Schlamm dreckig zu machen. Egal wie wohltuend das ganze sein sollte. Verständnislos schüttelte er den Kopf.
Dennoch waren sie deutlich näher an seinem angestrebten Lebensstil, als sein altes Rudel, das ihre menschliche Seite für Schwäche hielt und es weitgehend ablehnte sich zu wandeln.
Zufrieden machte er sich auf den Weg zu seiner Hütte. Er schob sich die Haare aus dem Gesicht, die durch die inzwischen getrockneten Erde in seinem Gesicht klebten. Er stellte die Flasche mit seiner neusten Zutat zu den anderen Flaschen und Tiegelchen und begann erstmal ein Stück seiner Aloe Vera Pflanze zu pürieren. Er hatte eine gute Idee, wie er das Rudel von der wohltuenden Pflege überzeugen konnte. Er mischte den Schlamm mit etwas Sheabutter, Kokos und dem Aloe Vera-Gel und sorgte mit Kakaobutter für die gewünschte Konsistenz.
Kritisch betrachtete er die hellbraune bis graue Maße. Das sah sehr unschön aus. Nein, so funktionierte das nicht.
Mürrisch entschied er eine Pause einzulegen und sich erstmal etwas zu Essen zu machen. Er hatte von Thea ein Stück Rehfleisch bekommen, welches er noch durchgaren musste, damit es nicht schlecht wurde. Theoretisch waren diese Kühlgeräte der Menschen echt praktisch, aber die Vorstellung, die ganze Nacht dieses Gebrumme ertragen zu müssen – Nein, auf gar keinen Fall!
Zu dem Fleisch würde Wurzelgemüse sehr gut passen. Also setzte er etwas Wasser auf und kochte Pastinaken und Rote Beete.
Das durch die rote Beete verfärbte Wasser brachte ihn auf die Idee seine Creme damit einzufärben. Doch dann hielt er kurz inne. Wenn er das ganze mit getrockneten Blütenblättern einfärbte? Das würde auch den Geruch noch etwas verbessern. Ja, das war ein guter Gedanke.
Die nächsten Tage testete er einige Blütenkombinationen, aus Pflanzen die in ihrer Siedlung wuchsen aus, um eine schöne Färbung und auch einen angenehmen Geruch zusammen zu mischen.
Er testete seine Creme am eigenen Körper und war sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Die restliche Paste füllte er in Tiegelchen ab und räumte sie in sein Regal. Nur eines schnappte er und machte sich auf die Suche nach Thea. Sie spielte gerade auf dem Markt mit ihren Kindern. Freudig umarmte er sie von hinten. Sie zuckte zusammen und sah ihn kurz darauf erschrocken an. „Raik“, keuchte sie und schnupperte dann.
„Was hast du gemacht? Man riecht dich fast gar nicht mehr!“ Sie blinzelte. „Dein eigener Geruch geht völlig unter dem der Blumen unter.“
Ehe er die Chance hatte auch nur zu überlegen, was er darauf antworten sollte, war Raik umringt von Rudelmitgliedern die alle an ihm schnüffelten. Eines der Kinder, dass in Wolfsgestalt bei ihnen stand entzog ihm mit der Schnauze das Cremetiegelchen und präsentierte es seiner Mutter.
Thea nahm es und bestätigte. „Ja, es scheint das hier zu sein.“
„Woher hast du das?“
„Lass mich auch mal riechen“
„Ich will es auch mal probieren.“
Das Rudel sprach wild durcheinander und seine Creme wurde herumgereicht.
Aisha, die Rudelführerin, bahnte sich mit gemächlichen Schritten ihren Weg durch die Menge und hielt kurz darauf das Döschen in der Hand. Nach einem kurzen Atemzug reichte sie es wieder an Thea und beugte sich zu Raik um die Aussagen der Rudelmitglieder zu prüfen.
„Interessant“, murmelte sie und nickte. Sie musterte Raik. „Was ist da drin?“
Freudig zählte er die Zutaten auf und begann zu erklären, wie schön sein Fell dadurch immer glänzte und weich wurde.
Doch zu seiner Enttäuschung interessierte sich keiner für diesen Wirkteil.
„Hmmm, der Schlamm scheint deinen eigenen Geruch zu minimieren und die Blumen überdecken ihn schließlich“, vermutete Aisha.
„Mag sein“, stimmte er zu. Aber darum ging es doch gar nicht.
„Kannst du das auch mit Baumharz und den Kräutern aus dem Wald herstellen?“
Er nickte inzwischen weniger enthusiastisch. „Natürlich, kein Problem, eine tolle Id…“ Eine Handbewegung der Anführerin ließ ihn verstummen.
„Damit könnten wir bei Lycos sicher punkten. Außerdem können wir endlich diese elendigen Vampire aus unserem Wald vertreiben.“
Ein Jubel ging durch das Rudel, nur Raik wurde blass. Nein. Es sollte für gute Haut und glänzendes Fell sorgen und nicht für den Kampf genutzt werden.
Schnell schnappte er sein Gemisch und presste es an sich. „Für einen Krieg stelle ich das nicht her!“
Die Rudelführerin sah ihn verständnisvoll an. „Wir werden keinen Krieg anfangen. Den Blutsaugern hingegen kann man nicht trauen.“
Das sagten sie alle, doch keiner war bereit, den Versuch zu wagen, einfach miteinander zu reden.