Jeden Sonntag veröffentlichen Anke Becker, Lucas Snowhite und Christina Marie Huhn eine neue Aufgabe für ihre #Protastik-Challenge. Am darauffolgenden Donnerstag werden dann die Geschichten dazu gepostet.
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Missmutig hob Drewfire einen Umschlag auf, der vor ihrer Haustür lag. Für einen einfachen Brief fühlte er sich jedoch etwas zu fest an. Was sie wohl diesmal für ein Nonsens erwartete?
Sie ließ sich auf einem Stuhl nieder und förderte eine auffaltbare Karte zu Tage. Zwischen den Seiten klebte eine getrocknete Wildblume.
Liebe Freundin,
ich habe beschlossen morgen Abend eine kleine Grillfeier zu veranstalten.
Du bist hiermit herzlichst eingeladen!
Ich würde mich wirklich außerordentlich freuen, wenn du Zeit finden würdest,
um uns Gesellschaft zu leisten.
Wir haben uns immerhin schon so lange nicht mehr gesehen, findest du nicht?
Hochachtungsvoll
Lilith
Drewfire hob eine Braue. ‚Grillfeier‘? Was hatte sie jetzt schon wieder vor … ihr Haus anzünden?
Mit misstrauischem Blick untersuchte sie die Karte von allen Seiten, doch nichts gab einen Hinweis darauf, wo diese ominöse Feier stattfinden sollte. Miststück!
Sie begutachtete die Blume. Eine gewöhnliche Wiesenblume die man hier gefühlt überall fand. Das half ihr nicht wirklich weiter. Achtlos warf sie die Karte in die Schublade ihrer Kommode und zog sich in ihr Schlafzimmer zurück. Nicht, dass sie vorhatte zu schlafen.
Der viel zu lange Sommertag hatte einfach kein Ende nehmen wollen. Als dann endlich die Dämmerung anbrach, warf Drewfire sich ihren schweren Mantel über, der sie vor dem letzten Sonnenlicht schützte und machte sich auf die Suche. Lilith schien irgendeine seltsame Schnitzeljagd veranstalten zu wollen, also würde es weitere Hinweise und vermutlich Fallen geben.
Sie suchte einige der bekannten Treffpunkte der Abtrünnigen ab, auf denen auch Blumenwiesen vorhanden waren, fand aber nirgends irgendwelche weiteren Anhaltspunkte.
Hatte Lilith sie am Ende womöglich nur von zuhause weglocken wollen?
Drewfire brach die wenig erfolgversprechende Suche ab und machte kehrt. Vielleicht erwischte sie ja bei sich im Wald noch einen von Liliths Schergen. Selbst würde diese feige Schlange wohl kaum riskieren, dort aufzukreuzen. Leider.
Auch dort blieb sie allerdings zunächst ohne Erfolg.
Bis sie frustriert ihr Haus betrat. Sie stockte. Der kleine Beistelltisch stand mitten im Raum, darauf eine Kerze, welche beinah komplett heruntergebrannt war und nur noch leicht rauchte.
Außerdem eine silberne Cloche, wie sie sie aus dem Hause Beauvrye kannte. Links und rechts davon Besteck. Der Raum war erfüllt von dem Duft frisch gebratenen Fleisches.
All das gehörte nicht hier her.
Als sie auf das merkwürdige Arrangement zuging entdeckte sie einen weiteren Umschlag.
Lilith hatte eindeutig keine Hobbys. Zumindest keine, die nicht beinhalteten ihr auf die Nerven zu gehen.
Drewfire nahm den Umschlag und holte den Brief hervor.
Liebe Freundin,
äußerst bedauerlich, dass du es nicht geschafft hast, meiner Einladung zu folgen, aber ich weiß ja, wie beschäftigt du immer bist.
Doch wie es sich für eine gute Freundin gehört, habe ich dir natürlich etwas von den Leckerbissen aufgehoben. Lass es dir munden.
Ach ja, wusstest du eigentlich, dass Raubkatze ein wenig wie Wild schmeckt?
Bestimmt, oder? immerhin liebst du ja Katzen nicht wahr? Andernfalls solltest du das unbedingt mal probieren!
Hochachtungsvoll
Lilith
Drewfires Blick wanderte zu der Wärmehaube. Lilith würde doch nicht…?
Natürlich würde sie!, beantwortete sie sich die aufkeimende Frage selbst.
Amicus! Wenn Lilith den Luchs angerührt hatte, würde sie das mehr als bitter bereuen!
Ein Kratzen an der Tür und eine bekannte Aura holte Drewfire aus ihren Überlegungen. Sie öffnete erleichtert die Tür und die Raubkatze blinzelte sie an, ehe er sich ein anderes Stück Holz suchte, um seine Krallen zu wetzen.
Mit einem Lächeln auf den Lippen sah sie dem Tier dabei zu und verzichtete dieses mal auch darauf, sich darüber zu ärgern, dass Amicus ihre Haustür so gern als Kratzbrett missbrauchte und damit total ruinierte. Dann wanderte ihr Blick zurück zum Tisch. Sie beschloss, was auch immer sich unter der Haube befand zu verbrennen und nicht, wie in einem ersten Impuls angestrebt, einfach nach draußen zu werfen.
Nicht das Amicus noch irgendetwas frass, das ihm nicht bekam, einfach nur weil Lilith hoffte, dass sie zu sorglos mit ihrem Geschenk umging, auch wenn dieses sich lediglich als Rehkeule entpuppte.